TECHNIK-SPEZIAL: JVC DLA-N-Serie – Dynamisches Tone Mapping im Vergleich

Die N-Serie der JVC-Projektoren sind auf Höhe der Zeit, dank Dynamischen Tone Mapping und nativer 4K-Auflösung. Dennoch sind zahlreiche Berichte im Netz zu finden, dass andere Tools besser geeignet sind als Frame Adapt HDR. Ist das Wirklich so? Die Diagnose meiner Untersuchung verblüfft nicht nur den Hersteller, sondern bietet ganz neue Erkenntnisse.

Foto: Michael B. Rehders – JVC DLA-N7

Die JVC N-Serie wird im September 2021 drei Jahre alt. Im Laufe des Zyklus sorgt der Hersteller dafür, dass die Modelle DLA-N5, DLA-N7 und DLA-NX9 stets aktualisiert werden. Hierfür stellt JVC kostenlose Updates zur Verfügung, die von den Besitzern selbst durchgeführt werden können. Den aktuellen Stand der Technik habe ich hier beschrieben: JVC DLA-N7 – Zwei Jahre und noch immer topaktuell

HDR für Projektoren

Seit High Dynamic Range (HDR) eingeführt worden ist, berichten Nutzer mehr oder weniger über Probleme, welche diese neue Technologie mit sich bringt. Kein Wunder, immerhin können weder heutige Heimkino-Projektor noch TV-Geräte HDR vollständig darstellen. Dafür fehlt es den Geräten an maximaler Lichtausbeute. Der Grund: In HDR-Filmen können Bildinhalte vorhanden sein, die bis zu 10.000 Nits hell sind. So hell sind weder Fernseher noch Heimkino-Beamer, wenn diese auf übliche Leinwandbreiten zu Hause projizieren. Die Folge sind Klagen über zu dunkle Filme.

Inzwischen hat die Industrie auf die Beschwerden reagiert. Es gibt Lösungen in Form eines Dynamischen Tone Mapping. Die Technologie ist so simpel wie funktional. Im Rahmen der Maximalhelligkeit es Projektors werden alle Inhalte dargestellt, die in einem HDR-Film enthalten sind. Dafür gibt es mehrere Möglichkeiten. Die momentan probatesten Features bieten die Projektoren-Hersteller Epson, JVC und LG. Diese haben ein „echtes“ Dynamisches Tone Mapping implementiert. Das sind beispielsweise die Modelle LG CineBeam AU810PW Forza, Epson EH-LS300B und JVC DLA-N7. Darüber hinaus haben sich zwei Hersteller im Markt durchgesetzt, die ein externes Gerät mit Dynamischen Tone Mapping offerieren. Das sind die Unternehmen Envy und Lumagen. Die Preise beginnen bei diesen externen Geräten bei rund 7.000 Euro. Der Vorteil dieser Geräte liegt auf der Hand: Man muss keinen der oben aufgeführten Beamer erwerben, sondern kann jeden Projektor verwenden, um HDR-Filme mit all seinen Vorzügen zu erleben.

Die einzelnen Tools arbeiten dabei recht unterschiedlich, was erst einmal keinen Nachteil darstellt. Nach allem was ich bislang gesehen habe, sind die Unterschiede der Tools nicht besonders groß. Sie liegen meines Erachtens im Bereich des persönlichen Geschmacks. Je nach Film, Szene und eigener Vorlieben hat mal das eine, mal das andere Tool einen (leichten) Vorteil. Die vielfach beschworenen Welten sind das allesamt nicht. Jedenfalls nicht, wenn die Geräte optimal konfiguriert worden sind. Viel größer sind die Auswirkungen der Einstellungen, mit denen durchaus das favorisierte Feature/Gerät besser dargestellt werden kann.

Umso überraschter bin ich bei der Durchführung eines Tests, als der Lumagen Radiance Pro das Dynamische Tone Mapping eines JVC-Projektors deutlich übertrumpft.

Der Kinofilm „Sully“ von der 4K-Blu-ray besitzt eine exzellente Bildqualität. Laut Metadaten sollen Inhalte bis zu 4.000 Nits vorhanden sein. In Echtzeit ermittelt der Lumagen Radiance Pro sogar Bildsignale bis zu 9667 Nits.

Dynamisches Tone Mapping in der Praxis

Für den Vergleich habe ich einen Lumagen Radiance Pro an einen JVC DLA-N5 angeschlossen. Als Zuspieler bzw. Player dient ein Oppo. Sowohl für den Radiance Pro als auch für Frame Adapt HDR habe ich die bewährten Konfigurationen ausgewählt, um eine brauchbare und reproduzierbare Vergleichbarkeit zu gewährleisten.

Hier das Ergebnis:

Während Captain Sully nachts durch New York läuft, um den Kopf freizubekommen, werden auf allen Displays am Times Square deutlich sichtbare Inhalte abgebildet.

Nehmen wir einen Ausschnitt aus der obigen Szene:

Lumagen Radiance Pro: Das Dynamische Tone Mapping des Radiance Pro funktioniert sehr gut. Auf den vier Displays in der Bildmitte sind alle Inhalte abgebildet, die im Quellmaterial des Films vorhanden sind. Auch links die Werbung für „The Lion King“ wird präzise auf der Leinwand abgebildet.
Frame Adapt HDR: Übernimmt das Tool im JVC DLA-N5 das Dynamische Tone Mapping, gehen im Quellmaterial vorhandene Inhalte verloren, die vom Radiance Pro dargestellt werden. Die Leuchtreklame von „The Lion King“ besitzt anstatt eines gelben Hintergrunds nun einen Weißen. Am oberen Display links neben Sullys Kopf gibt es ein weißes Loch. Die blauen Inhalte clippen. Auch darunter werden auf den Displays deutlich weniger Inhalte abgebildet.

Diese Beobachtung zieht sich durch alle folgenden Vergleiche, die ich mit anderen Filmen und Szenen durchführe. Da das Bildsignal vom Oppo durch den Radiance Pro durchgeschleift wird, wenn Frame Adapt HDR das Dynamische Tone Mapping übernimmt, möchte ich den Radiance Pro als Fehlerquelle ausschließen. Also habe ich den Oppo direkt mit dem JVC DLA-N5 verbunden. Das Bild ist identisch, also keine Änderung vorhanden. Folglich beeinflusst der Radiance Pro das Bildsignal nicht, sondern lässt es wie vorgesehen unbearbeitet passieren.

Das Ergebnis überrascht mich ein wenig, weil ich die Darstellung von „Sully“ auf meinem JVC DLA-N7 anders in Erinnerung habe. Täusche ich mich oder haben all die Kritiker Recht, die Frame Adapt HDR ein schlechteres Dynamisches Tone Mapping attestieren? – Schauen wir uns das Ergebnis an.

Frame Adapt HDR: Als ich „Sully“ vom 4K-Blu-ray-Player Panasonic DP-UB9004 auf meinen JVC DLA-N7 übertrage, projiziert der JVC alle Inhalte auf die Leinwand, die auch mit Lumagen Radiance Pro zu sehen sind. Die Leuchtreklame „The Lion King“ und die Werbung auf den Displays in der Bildmitte (links neben Sullys Kopf) sind allesamt vollständig.

Das wirft natürlich sofort die Fragen auf: Macht Frame Adapt HDR im JVC DLA-N5 ein anderes Dynamisches Tone Mapping? Ist das Feature anders programmiert als im DLA-N7? – So wirklich vorstellen kann ich mir nicht, dass JVC für die N-Serie unterschiedliche HDR-Ergebnisse implementiert hat.

Aus diesem Grund habe ich einen zweiten 4K-Blu-ray Player (Sony UBP-X700) am AV-Receiver verbunden. Darauf spiele ich die Blu-ray von „Sully“ (in SDR) ab. Ich möchte einfach mal aus purer Neugierde sehen, was alles auf der Full-HD-Fassung vorhanden ist:

SDR: Die Full-HD-Fassung von „Sully“ besitzt kein HDR. Entsprechend fehlen auf den Displays natürlich die Inhalte, die in der HDR-Version enthalten sind ob ihres größeren Kontrastumfangs.

Zurück zur 4K-Blu-ray. Ich schalte um am AV-Receiver, so dass der JVC DLA-N7 wieder die HDR-Version projiziert. Es folgt die große Überraschung:

Frame Adapt HDR: Jetzt fehlen vorhandenen Inhalte. Wie schon beim DLA-N5 zeigt der JVC DLA-N7 die Leuchtreklame von „The Lion King“ in Weiß. Überdies ist auf dem obigen Display links neben Sully ein weißes Loch, die Monitore darunter zeigen gleichfalls weniger Inhalte, die im Quellmaterial von „Sully“ zweifelsfrei vorhanden sind.

Was ist da passiert?
Ich lasse den Film laufen, springe auf den Anfang des Kapitels zurück. Es ändert sich nichts! Frame Adapt HDR unterschlägt jetzt eindeutig vorhandene Bildsignale!

Ich stoppe den Film. Anschließend starte ich ihn neu. Der Vorteil der Warner-Filme ist, dass es genau dort weitergehen kann, wo der Film gestoppt worden ist.
Jetzt bin ich verblüfft. Seht selbst:

Frame Adapt HDR: Nach dem Neustart des Films werden alle Inhalte vom JVC DLA-N7 wieder projiziert mit Frame Adapt HDR.

Fehlersuche

Die oben dokumentierten Eigenschaften lassen sich allesamt reproduzieren. Das Ergebnis ist stets dasselbe. Sobald ein HDR-Film mit Frame Adapt HDR läuft, sind alle Bildsignale von 0,001 bis 10.000 Nits erkennbar, dank des Dynamischen Tone Mapping. Wird eine Szene pausiert und auf einen Radiance Pro, Envy Enthusiast oder jede andere SDR-Quelle umgeschaltet, wird das Bild auf der anderen Quelle korrekt dargestellt. Wird wieder zurückgeschaltet zu Frame Adapt HDR, ist die HDR-Bildwiedergabe des JVC DLA- N7 fehlerhaft.
Ich vermute, dass der Player bei der „erneuten“ Wiedergabe keine Metadaten überträgt oder Frame Adapt HDR diese (wenn doch vorhanden) nicht mehr (neu) ausliest. Stattdessen macht Frame Adapt HDR genau das, was die Programmierer vorgesehen haben. Das Ergebnis sehen wir auf den obigen Screenshots. Richtig ist das nicht bei einem Dynamischen Tone Mapping, das im Grunde gar keine Metadaten benötigt, weil jedes einzelne Bild entsprechend untersucht und dargestellt werden sollte.
JVC habe ich über diesen Umstand in Kenntnis gesetzt.

HDR-Vergleiche: Im Handel und Zuhause

Das führt nun zu einem echten Dilemma, wenn ein Vergleich zwischen Frame Adapt HDR und einem externen Videoprozessor durchgeführt wird. Die JVC N-Serie zeigt schlichtweg nicht mehr alle Bildsignale, wenn beispielsweise von einem Radiance Pro zurückgeschaltet wird auf Frame Adapt HDR.
Um einen echten A/B-Vergleich zu erhalten, muss der Film gestoppt und anschließend neu gestartet werden. Das ist umständlich und innerhalb eines Vergleiches nicht praxisgerecht – gleichzeitig erklärt mir das die vielen kritischen Berichte von Leuten, die ich für absolut glaubwürdig und sachkundig halte. Die Rezensenten haben bei ihren A/B-Vergleichen allem Anschein nach nicht bewertet, was Frame Adapt HDR tatsächlich zu leisten imstande ist, wenn der Film mit Frame Adapt HDR gestartet wird. Stattdessen bewerten sie die unvollständige Bildsignaldarstellung, die sich nach (mehrfachen) Umschalten ergibt.

FAZIT

Wer die Leistungsfähigkeit von Frame Adapt HDR objektiv beurteilen möchte, muss in einem A/B-Vergleich den Film neu starten. Das hat insbesondere Gültigkeit, nachdem der JVC DLA-N7 das Bild eines anderen Videoprozessors projiziert hat. Einzig auf diese Weise zeigt der Projektor mit Frame Adapt HDR alle Inhalte, die in einem HDR-Bildsignal enthalten sind.


Vergleich, Text und Fotos: Michael B. Rehders
Zitierte Filme laut Zitatrecht (UrHG): Sully (Warner Bros. Home Entertainment)

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