Wer einen Film zu Hause genauso sehen möchte, wie es sich die Filmemacher vorgestellt haben, der muss seinen Projektor auf Norm kalibrieren. Hier zeigen ich Schritt für Schritt, wie leicht das funktioniert.
FARBEN SIND KEINE FRAGE DES GESCHMACKS
Für die Filmindustrie wurden verschiedene Standards eingeführt. An diese Standards halten sich alle beteiligten Personen, die mit einem Filmprojekt zu tun haben, damit in den verschiedenen Produktionsprozessen dieselben Farbmischungen verwendet werden. Am Ende soll der Zuschauer das Werk so sehen, wie es sich der Filmemacher vorgestellt hat. Das schließt natürlich auch die Projektion mit ein. Oftmals sind Filme ab Werk stark stilisiert. Beispielsweise sind die Farben von „Matrix“ durchweg Grün gefiltert, „Underworld“ wurde vorwiegend in blaue Farben getaucht, und „The Dark Knight“ enthält sogar unterbelichtete Szenen, um die Special-Effects unauffälliger in die Realaufnahmen einzubinden. Um diese Filme im Heimkino wie vorgesehen zu erleben, muss der Projektor exakt auf Norm eingestellt sein.
Erste Schritte
Es gibt mehrere Möglichkeiten, um Projektor und TV-Gerät zu kalibrieren. Idealerweise geschieht die Einstellung mit Hilfe von Messkopf, aktueller Software und entsprechender Testbilder. Während der Profi meist hochwertiges Equipment nutzt, um regelmäßig und schnell präzise Messungen durchzuführen, gibt es auch preiswerte Alternativen für den Enthusiasten. Diese erschwinglichen Sensoren bieten bereits vorzügliche Ergebnisse. Allerdings „arbeiten“ die günstigen Messköpfe meist deutlich langsamer, und die (kostenlose) Software ist weniger komfortabel bedienbar. Mit steigenden Preisen erhöht sich der Komfort. Am Ende stehen dann automatische Kalibrierungssysteme in Projektoren.
FILME MIT RICHTIGEN FARBEN ERLEBEN
Foto: Michael B. Rehders (Originalaufnahme)
Bild Mitte: Das Original zeigt über dem Eifelturm feine Wolkenstrukturen. So sieht das Bildergebnis im optimalen Fall aus, wenn Helligkeit und Kontrast richtig eingestellt sind.
Bild links: Wenn der Kontrastregler zu niedrig eingestellt ist, reduziert sich neben der Luminanz auch der Kontrastumfang. Neben der Spitze des Eifelturms werden sogar Artefakte (Störungen) in den Wolken erzeugt.
Bild rechts: Wird der Kontrastregler am Projektor zu hoch eingestellt, überstrahlen feine Details nahe Weiß. Die feine Wolkenstruktur geht dann sichtbar verloren. Das ist ein typischer „Shop-Modus“, damit das Bild auf den ersten Blick brillanter erscheint.
Damit keine Details nahe Schwarz und Weiß verloren gehen, sollte Helligkeit und Kontrast sorgsam eingestellt werden. Weiter unten erkläre ich, wie das ganz einfach geht.
Preise und Bezugsquellen
Der i1 Display Pro ist hingegen unsere Empfehlung für HCFR, weil dieser Sensor Plug & Play mit der Open-Source-Software funktioniert. HCFR erkennt den i1 Display Pro sofort, während der Spyder X erst sehr umständlich installiert werden muss.
Wer noch höhere Ansprüche an präzisen Messergebnissen hat, greift zum X-Rite i1 Pro 2 oder Hubble.
Die benötigte Software ist gleichfalls kostenlos. Zur Kontrolle empfehlen wir zusätzlich die Burosch Testbilder.
Der Vollständigkeit halber eine unvollständige Auswahl an Hard- und Software für die Kalibrierung von Projektoren und TV-Geräten.
- Sensoren und Stativ:
X-Rite i1 Display Pro (ab 160,- Euro)
Spyder X (ab 110,- Euro)
i1 Pro 2 (ab 1.200,- Euro)
X-Rite Hubble (ab 2.500,- Euro)
Reisestativ (ab 30,- Euro) - Kalibrierungs-Software
HCFR (kostenlos von www.avsforum.com)
CalMAN (ab 2.000,- Euro) - Testbilder:
AVS HD 709 (kostenlos als Freeware zum Download)
DVE Digital Video Essentials: HD Basics (Blu-ray um 20 Euro)
Burosch (Blu-ray um 20 Euro, Testbilder zum kostenlosen und kostenpflichtigen Download)
Testbilder für HDR und SDR habe ich direkt verlinkt. Dafür ganz nach unten scrollen.
Grundeinstellungen für Projektor und TV
Kalibrierung bedeutet Einstellen. Viele Projektoren und Fernseher bieten bereits gute Werkseinstellungen, um natürliche Farben wiedergeben zu können. In nur wenigen Fällen ist ein derartiger Modus aktiviert, wenn die Geräte frisch aus dem Karton entnommen und eingeschaltet werden. Folgende Einstellungen sind bereits die „halbe Miete“, um ein gutes und normnahes Bild zu erhalten.
Farbraum: REC 709 (oftmals auch als „Standard“ und „Normal“ bezeichnet)
HDMI: Normal (oftmals auch als „Begrenzt“, „Standard“ oder „16-235“ bezeichnet)
Bildmodus: Film (oftmals auch als „Standard“, „Rec.709“ oder „Reference“ bezeichnet)
Gamma: ITU-R BT1886 oder alternativ 2.2 oder 2.4 für THX zertifizierte Filme
Farbtemperatur: 6500 Kelvin (auch als „D65“ bekannt)
Digitale Blendenregelungen (Auto-Iris): Für die Kalibrierung ausschalten. Nach der Kalibrierung kann sie auf Wunsch aktiviert werden.
Digitale Schärfefilter (wie Reality Creation, Multi Pixel Control, Detail Clarity): Für die Kalibrierung ausschalten. Nach der Kalibrierung kann sie auf Wunsch aktiviert werden.
Rauschfilter (wie Rauschreduktion, Geräuschreduzierung): Grundsätzlich ausschalten! Diese Rauschfilter verringern in aller Regel die Feinauflösung.
Dynamische Kontrastregelungen (wie Contrast-Enhancer): Für die Kalibrierung ausschalten. Nach der Kalibrierung können diese Tools wieder aktiviert werden.
Helligkeit: Mit Schwarzbild einstellen (siehe nachfolgendes Kapitel) und mit dem Clipping Schwarz-Testbild kontrollieren, ob alle Abstufungen nahe Schwarz zu sehen sind.
Kontrast: Mit White-Clipping-Testbild einstellen
LOS GEHTS!
Einstellung von Helligkeit und Kontrast
Achten Sie darauf, dass das helle Notebookdisplay nicht auf die Leinwand scheint, weil dadurch Messungen in dunklen Bereichen verfälscht werden. Beim Messdurchlauf reduzieren Sie die Display-Helligkeit soweit, dass Sie gerade noch die Werte ablesen können.
Kontrast
AVS-White-Clipping-Testbild um den Kontrast einzustellen. Feinste Abstufungen nahe Weiß können damit kontrolliert werden.
Mit dem Kontrastregler im Bildmenü wird der Weißpegel eingestellt. Von 235 und darüber sollte alles Weiß sein. Die Pegel darunter sollten zunehmend dunkler werden. 234 sollte sich gerade eben vom Weiß abheben.
Helligkeit
AVSHD-Clipping-Black-Testbild zur Einstellung der Helligkeit. Feinste Abstufungen nahe Schwarz können damit kontrolliert werden.
1. Um den Schwarzwert ideal auf die Räumlichkeit einzustellen, wird zunächst ein Schwarzbild (0 IRE) projiziert. Der Regler Helligkeit wird ein paar Klicks erhöht, bis das Schwarz gut aufgehellt erscheint. Danach wird der Wert so lange reduziert, bis das Schwarz nicht mehr dunkler wird. Im Zweifel einfach zwischen 2 Werten (z. B. – 2 und -3) hin und her klicken. Auf diese Weise wird der bestmöglich raumabhängige Schwarzwert erzielt.
2. Mit dem Clipping Schwarz-Testbild von AVSHD 709 (Foto oben) kann danach der Bereich nahe Schwarz kontrolliert werden. Alle sichtbaren Bildinhalte ab 17 blinken periodisch, damit diese vom Schwarz leichter zu unterscheiden sind. Idealerweise ist der Wert 16 bereits Schwarz. 17 sollte zu „erahnen“ sein. Ab 18 sollten die Werte zunehmend heller werden.
Sollten 17 oder 18 nicht mehr zu sehen sein, können diese mittels des Gamma EQ entsprechend „sichtbar“ gemacht werden. Wenn der Projektor diese Funktion nicht besitzt, muss sich der Nutzer entscheiden zwischen bestem Schwarz und bester Durchzeichnung. Die beste Durchzeichnung wird für einen etwas schlechteren Schwarzwert geopfert, da der Helligkeitsregler minimal angehoben werden muss.
Nach den Einstellungen beide Testbilder nochmals kontrollieren und gegebenenfalls korrigieren, weil die Helligkeit- und Kontrastregler teilweise interagieren.
KALIBERUNG MIT HCFR
Messkopf einrichten
Richtig: Der Messkopf wird auf ein Stativ geschraubt. Eine Stativhalterung gehört zur Ausstattung des Messköpfe. Anschließend wird der Sensor so zur Bildwand ausgerichtet, dass er die Bildwandmitte erfasst, ohne seinen eigenen Schatten zu messen. Der Abstand sollte um die 30 cm betragen.
Falsch: Der Messkopf misst seinen eigenen Schatten auf der Leinwand. Dadurch entstehen falsche Messergebnisse.
Löschen Sie das Fenster.
D65-Messung durchführen
Ergebnis kontrollieren und korrigieren
Wenn die Messung fertig ist, speichern Sie anschließend das Messergebnis in einen Ordner nach Wahl. Diese Ist-Messung dient der Dokumentation und einem späteren Vergleich.
Zur Kontrolle sollten abschließend die „Black-„ und „White-Clipping-„Testbilder zugespielt werden, um sich zu vergewissern, dass alle Graustufen korrekt dargestellt werden.
FERTIG!
Ideal ist die Kalibrierung, wenn eine Grautreppe vollständig und ohne verfärbte Abstufungen dargestellt wird.
Korrekte Graustufendarstellung: Idealerweise zeigt der Graustufenverlauf keinerlei Verfärbungen auf. Alle Helligkeitsabstufungen werden farbneutral auf der Bildwand abgebildet.
Fehlerhafte Graustufendarstellung: Falsche RGB-Gain/Offset-Einstellungen führen zu sichtbaren Verfärbungen im Bild. In diesem Fall die Kalibrierung wiederholen.
KONTROLLE DES FARBRAUMS
Idealerweise sollte für die Kalibrierung ein Farbraum gewählt werden, der dem Normfarbraum REC 709 nahe kommt. Diese heißen oftmals „Standard“, „Natürlich“, „Rec.709“, „Normal“.
Geringfügige Abweichungen von der Norm (siehe Diagramm unten) dürfen ignoriert werden.
Farbraum REC709:
Das schwarze Dreieck zeigt die Soll-Koordinaten, das weiße Dreieck das Messergebnis. Mein Testgerät trifft ab Werk die Zielkoordinaten fast genau. Die geringfügigen Abweichungen dürfen wohlwollend ignoriert werden, weil diese durchaus in den Bereich üblicher Messtoleranzen fallen.
TESTBILD, Burosch für Helligkeit und Kontrast
AVS-HD709-Tesbilder für Full HD
HDR10-Testbilder für HDR
Beschreibung, Text, Fotos: Michael B. Rehders
Testbilder: AVS, Burosch
Wer die Kalibrierung live sehen möchte, kann das jetzt hier tun: