HEIMKINO: Professionelle Kalibrierung – das bringt sie wirklich

Projektoren, Leinwände und 4K-Filme sind teuer. Wer Spielfilme originalgetreu in Lebensgröße zu Hause genießen will, stellt sich oft die Frage: Lohnt es sich, einen professionellen Kalibrierer kommen zu lassen? Hier zeige ich das Ergebnis der Kalibrierung im direkten A/B-Vergleich, was der Spaß kostet und was dafür alles gemacht wird.

Optimal eingestellt sind alle Inhalte des Films „Matrix: Resurrections“ von der 4K-Blu-ray zu sehen, die auf dem Quellmaterial vorhanden sind. Sowohl die Häuser im Hintergrund als auch die Tasten auf dem Keyboard sind klar zu erkennen.

Heimkino und Wohnzimmer

Viele Cineasten möchten Spielfilme und Serien zu Hause so erleben, wie es sich die Filmemacher vorgestellt haben: Mit präzisen Farben, hohem Kontrast und allen Details.
Da Messequipment bis zu mehreren 1.000 Euro kosten kann und die Einarbeitung damit relativ viel Zeit beansprucht, buchen viele Heimkinofreunde oftmals einen externen Dienstleister. Dieser kommt nach Hause und stellt die Projektoren idealerweise perfekt ein. Der Nutzer braucht sich danach um nichts weiter zu kümmern – und kann Blockbuster, Sportübertragungen und Lieblingsserien originalgetreu erleben.

Der Ablauf

Üblicherweise äußern die Heimkinobesitzer ihre Wünsche vorab. In einem Gespräch wird geklärt, was möglich ist – und welchen Umfang die Umsetzung für die Kalibrierung bedeutet.
Vor Ort analysiere ich zunächst den Ist-Zustand. Farben, Kontrast und Detaildarstellung werden untersucht. Dafür spiele ich eigene Testbilder und Filmsequenzen zu, mache einen ersten Messdurchgang, um dem Heimkinobesitzer den Zusammenhang von Messergebnissen und der aktuellen Projektion aufzuzeigen.
Anschließend beginnt die Kalibrierung. Normalerweise umfasst diese 2D, 3D, HDR und SDR.
Im Rahmen der Kalibrierung nutze ich keinen Testbildgenerator, sondern beziehe alle Komponenten der Wiedergabekette in die Kalibrierung mit ein, weil diese durchaus Einfluss auf die Wiedergabequalität haben können. Das sind 4K-Blu-ray-Player, AV-Receiver und natürlich der Projektor inklusive Leinwand.

Wer eine optimale Schärfe anstrebt, sollte zunächst zuerst die Konvergenz auf Pixelebene anpassen. Wie bei meinem JVC DLA-NZ8 werden dann Inhalte frei von jeglichen Farbsäumen auf der Leinwand dargestellt.

So sieht das Ergebnis aus

Gerade bei der Zuspielung von HDR-Filmen erlebe ich es, dass diese oftmals viel zu dunkel und zu blass projiziert werden. Mit optimalen Einstellungen kann hingegen ein echtes HDR-Wow-Erlebnis geschaffen werden.
Um das mal zu veranschaulichen:

JVC DLA-NP5 – Ab Werk erscheint „Matrix: Resurrections“ viel zu dunkel. Außerhalb des Fensters im Hotelzimmer sind zwar alles Details gut wahrzunehmen, aber im Raum fehlt es an Durchzeichnung.

JVC DLA-NP5 – Nach der Kalibrierung ergibt sich dieses Ergebnis: Durchzeichnung, Schärfe und Farbdarstellung haben sich sichtbar verbessert. So machen HDR-Filme dann auch richtig viel Spaß.

JVC DLA-NP5 – Schauen wir uns die Werkseinstellung einmal genauer an. Die Haare der Protagonistin sind schattiert. Trotzdem finde ich das Bild etwas zu dunkel, wenn der HDR-Pegel des Projektors auf „Auto“ steht.

JVC DLA-NP5 – Nach der Kalibrierung stellt sich ein wahres HDR-Wow-Erlebnis ein. Das Bild ist jetzt auf 3 Meter Bildbreite strahlendhell, knackscharf und es sind sogar einzelne weiße Perlen in den Haaren der Protagonistin erkennbar. Überdies weist die Spiegelung dahinter die geflochtenen Haare klar und deutlich aus.

Das ist das Ergebnis einer umfangreichen Kalibrierung, wenn die gesamte Wiedergabekette mit einbezogen wird.

Im Detail bedeutet das Folgendes:
Im Rahmen der Kalibrierung wird nicht nur im JVC DLA-NP5 das Feature „Frame Adapt HDR“ mit dem optimalen HDR-Pegel eingestellt, sondern auch in der „Kino Optimierung“ Bilddiagonale in Zoll, Seitenverhältnis und Leinwand-Gain. Zusätzlich wird die Sättigung der Primär- und Sekundär-Farben angepasst. Obendrauf kommt (in diesem Fall) eine Abstimmung der Regler im Panasonic DP-UB9004, bis alle Details auf der Leinwand zu sehen sind.
Diese umfangreiche Abstimmung wird nicht nur in den Projektoren von JVC vorgenommen, sondern auch in den Modellen von beispielsweise Acer, Barco, BenQ, Epson, Hisense, LG, Optoma, Sim2, Xgimi.

Anschließend demonstriere ich dem Heimkinobesitzer die Unterschiede im Bild, in dem ich ihm bekannte Spielfilme und Testbilder zuspiele. Das erachte ich als wichtig, weil die meisten Nutzer gerne wissen möchten, was alles gemacht wurde und was für Auswirkungen sich daraus auf das Bild ergeben.

Alle Einstellungen in den Menüs von Projektor, AV-Receiver, 4K-Blu-ray-Player werden dokumentiert. Am Ende gibt es noch Messprotokolle der Vorher/Nachher-Ergebnisse mit einem Kommentar von mir, der sich direkt auf die individuelle Eigenschaft des Projektors und die Messungen bezieht.
Auch diese Protokolle finde ich wichtig. Falls jemand mal etwas im Beamer verstellt, kann er die Kalibrierung anschließend wieder reproduzieren.

So sieht „Matrix: Resurrection“ in etwa aus, wenn der Film von einem LG CineBeam oder JVC DLA-NP5 projiziert wird. Im Hintergrund sind die einzelnen Häuser bestens differenziert. Im Vordergrund fehlt es den dunklen Inhalten aber an Zeichnung.

Kalibriert sind in „Matrix: Resurrections“ alle Inhalte erkennbar, die im Quellmaterial vorhanden sind. Nicht nur die Häuser im Hintergrund weisen alle Inhalte auf, auch im Vordergrund auf dem Schreibtisch sind nun die Tasten auf dem Keyboard, Maus und sonstige Inhalte erkennbar. Überdies hat die Leuchtdichte durch die Kalibrierung um rund 20 Prozent (JVC DLA-NP5) und ca. 12 Prozent (CineBeam) zugenommen.

So lange dauert eine Kalibrierung

Inklusive Aufbau des Messequipments, Vorbesprechung, gemeinsame Analyse des Ist-Zustandes, Vorab-Messung, Kalibrierungen verschiedener Bildmodi, gemeinsame Kontrolle und Abbau des Messequipment sowie Erstellung und Zusendung der Messprotokolle/Einstellungen veranschlage ich rund 2,5 Stunden.

JVC DLA-NP5 – Messprotokoll nach der Kalibrierung. Sowohl die Primär/Sekundärfarben im Rec.709-Farbraum, als auch das RGB Niveau und Gamma sind auf hervorragendem Niveau. Die Delta-E-Werte bestätigen das vorzügliche Ergebnis.

LG CineBeam, so wie ich ihn im Wohnzimmerkino vorgefunden habe. Im Rec.709-Farbraum sind Cyan, Weißpunkt und Magenta abseits ihres Targets. Der Graustufenverlauf zeigt, dass Blau und Grün von der 100-%-Vorgabe extrem abweichen. Das Gamma ist hingegen in Ordnung.

LG CineBeam kalibriert: Die Leuchtdichte legt um rund 12 Prozent zu, Primär/Sekundärfarben und Weißpunkt erreichen fast punktgenau ihr Taget. Der Graustufenverlauf ist nicht ganz perfekt, weil hier der Stellregler für Blau limitiert. Er lässt sich nicht weiter absenken. Dennoch ist die Farbdarstellung viel natürlicher als vorher. Das bereits gute Gamma hat sich nochmals verbessert. Unten links sind die Messergebnisse aufgeführt und eine umfassende Anmerkung von mir.

Preise

Kalibrierungen kosten in der Regel zwischen 400 und 600 Euro. Mein Stundensatz für die Kalibrierung beträgt 180 Euro plus Fahrtkosten und gegebenenfalls Übernachtung.

Fazit

Die Kalibrierung eines Projektors führt in aller Regel zu einer deutlich sichtbaren Verbesserung von Farben, Durchzeichnung und Schärfe. Darüber hinaus gelang es mir bislang bei allen Nutzern, die Lichtausbeute zu steigern, weil die Helligkeitsregelungen in den Projektoren nicht ausgeschöpft worden sind. Wer Filme mit natürlichen Farben, bester Durchzeichnung und maximaler Helligkeit erleben möchte, dem empfehle ich eine professionelle Kalibrierung direkt zu Hause.

Text und Messungen: Michael B. Rehders
Screenshots im Rahmen des Zitatrechts: Matrix: Resurrections (Warner Bros.),
Titelfoto: Kino (Michael B. Rehders)




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