BREAKING NEWS: Bis zu 10 Jahre Recht auf Reparatur – für Fernseher und Smartphones

Die EU macht es möglich. Besitzer von Fernsehern und Smartphones haben das Recht, nach Ablauf der Gewährleistung (künftig 3 Jahre) ihr defektes Gerät reparieren zu lassen. Sogar der Tausch gegen ein refurbished Produkt ist möglich. Wie das funktioniert und was diese Pflicht auf Reparatur für Hersteller und Händler bedeutet, erkläre ich hier.

Foto Michael B. Rehders – BenQ X3100

Innerhalb der Gewährleistung ist die Sachlage meisten einfach: Tritt ein Defekt am Gerät auf, wird dieser im Rahmen der gesetzlichen Gewährleistung behoben. Tritt ein Mangel nach Ablauf der Gewährleistung auf, möchten viele ihre Waschmaschine, Fernseher und Smartphones reparieren lassen. Das war in der jüngeren Vergangenheit nicht immer einfach, weil zum Beispiel einige TV-Hersteller keine Ersatzteile für Reparaturen mehr auf Lager hatten. Da die Produktlinie ohnehin nach 6 bis 12 Monaten wechselte, musste nach Ablauf der Gewährleistung oftmals ein neues, teures Gerät für das Wohnzimmer gekauft werden. Das ist nun vorbei:

Bis zu 10 Jahre „Pflicht zur Reparatur“

Das Zauberwort heißt R2RDD. Das ist keine Figur aus dem Film „Star Wars“, sondern die neue EU-Richtlinie mit der „Pflicht zur Reparatur“ für Hersteller. Bis zu 10 Jahren müssen diese Ersatzteile lagernd haben, um Geräte auf Kundenwunsch in dieser Zeit zu reparieren. Aber auch refurbished Produkte können als Ersatz zur Verfügung gestellt werden.

Importeure und Händler können rechtlich als „Hersteller“ gesehen werden

Das alles fußt auf der Ökodesign-Richtlinie der EU von Ende 2023 und der ROHS II.
Doch was ist, wenn der Hersteller seinen Firmensitz nicht in der EU hat? Wie zum Beispiel Awol Vision. Das Unternehmen hat seinen Sitz in den USA. In diesem Fall tritt eine spannende Kette in Kraft, wer formell als „Hersteller“ gilt: Zunächst ist es der Bevollmächtigte des Herstellers, wenn dieser in der EU seinen Sitz hat, wenn nicht dann der Importeur – letztendlich wird sogar der Händler (!) rechtlich als „Hersteller“ gesehen, wenn dieser die Produkte selbst in die EU importiert. Zum Beispiel aus England oder USA!

3 Jahre Gewährleistung

Auf die Händler kommen daher einige Neuerungen zu: Die Gewährleistung innerhalb der EU wird um 12 Monate verlängert. Sie beträgt demnach nicht mehr 2 Jahre, sondern fortan 3 Jahre!
Sollte der Händler selbst Produkte in die EU einführen und verkaufen, gilt er rechtlich als „Hersteller“ und muss Ersatzteile bis zu 10 Jahre vorhalten für seine Pflicht auf Reparatur. Das ist kein Vorschlag, sondern für Händler verpflichtend!
Die Reparatur darf durch Subunternehmen durchgeführt werden. Natürlich ist die Reparatur kostenpflichtig für den Besitzer z. B. eines Fernsehers oder Projektors, sobald die Gewährleistung ausgelaufen ist.

Wann tritt die Richtlinie in Kraft?

Nachtrag: 23. April 2024
Heute hat die EU das „Recht auf Reparatur“ beschlossen. Die nationale Umsetzung der Richtlinie R2RDD erfolgt innerhalb von 24 Monaten – durch die jeweiligen Mitgliedstaaten. Das ist lediglich eine Formalie. Das bedeutet: Für alle ab dem 23. April 2026 gekauften (gelisteten) Waren ist es möglich, dass Verbraucher die „Pflicht auf Reparatur“ einfordern. Dazu gehören ein Ersatzgerät für den Zeitraum der Reparaturdauer während der Gewährleistung, die fortan 3 Jahre beträgt, und Ersatzteilelieferung bis zu 10 Jahren.
Wichtig: Die 10 Jahre Ersatzteillieferungspflicht beginnen erst zu laufen, sobald die Produktion (zum Beispiel eines Fernsehers) eingestellt ist. Also nicht ab Markteinführung, sondern ab deren „End of Life“ (Einstellung der Produktion).

Foto: Michael B. Rehders – Quecksilberhaltige Lampen für Heimkino-Projektoren, die spätestens ab dem 25. Februar 2027 nicht mehr in der EU hergestellt und in die EU importiert werden dürfen, fallen aktuell noch nicht unter diese Richtlinie.


Um diese Produkte geht es:
Die EU hat eine ganze Liste mit Produkten aufgeführt, die unter die neue Richtlinie fallen. Dazu gehören zum Beispiel: Elektronische Displays, Smartphones, Waschmaschinen, Trockner. Die Liste soll fortwährend erweitert werden. Projektoren sind Stand heute (23.04.2024) noch nicht aufgeführt.

Für Hersteller bedeutet das:
Diese müssen bis zu 10 Jahre nach Ende der Produktion (Inverkehrbringen), zum Beispiel eines Fernsehers, dieses Gerät reparieren oder durch einen Subunternehmer reparieren lassen. Ersatzteile müssen auch von Drittfirmen verbaut werden können (z. B. Mainboard, Lampen, Lautsprecher, Lüfter), Ersatzteile (wie Akkus) vom Besitzer mit herkömmlichen Werkzeugen (also ohne Spezialwerkzeug) selbst gewechselt werden können. Refurbished Produkte können als Alternative zur Reparatur vorgehalten werden. Hierbei handelt es sich zum Beispiel um Rückläufer aus dem Handel, die nicht mehr als Neugeräte verkauft werden dürfen. Das ist wichtig, wenn ein Gerät nicht mehr reparabel sein sollte – und der Kunde explizit ein solches Gerät wünscht.
Ist ein Hersteller nicht imstande, ein Gerät zu reparieren oder entsprechenden Ersatz zu liefern, können gegen diesen „Wettbewerbsrechtliche Ansprüche“ durchgesetzt werden.

Für uns Heimkino-Enthusiasten bedeutet das folgendes:
Mehr Sicherheit bei der Produktnutzung.
Wir haben einen Anspruch darauf, dass uns der Händler (fortan für 3 Jahre!) das Gerät nachbessert (repariert). Darüber hinaus steht uns ein kostenloses Leihgerät für die Dauer der Reparatur zu. Nach Ablauf der Gewährleistung haben wir ein Recht auf Instandsetzung durch den Hersteller oder dessen Vertreter innerhalb der EU.

Meinung:
Das Ziel dieser Richtline ist es, dass wir unsere Geräte wie Waschmaschinen, Fernseher und Smartphones reparieren lassen, wenn diese defekt sind und nicht dazu genötigt werden, Neugeräte zu kaufen, sobald die Gewährleistung abgelaufen ist. Das finde ich sinnvoll, um Elektroschrott zu verringern und Geräte günstig wieder instand zusetzen. Ich befürchte jedoch, dass Ersatzteile einzelner Produkte nach Ablauf der Gewährleistung so teuer werden, dass der Kunde sich lieber ein neues Gerät kauft, weil der Zeitwert deutlich überstiegen wird durch eine Reparatur.

Text und Fotos: Michael B. Rehders

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