Hoher Besuch. Der bekannte US-Hersteller Stewart schickt seinen deutschen Repräsentanten; im Gepäck eine Splitscreen-Leinwand. Aufgespannt sind die Tücher StudioTek 100, das als absolutes Referenz-Tuch weltweit bei Experten anerkannt ist, und das Phantom HALR, ein Hochkontrast-Tuch mit grauer Grundfläche zur Kontraststeigerung.
Wie gut diese Screens tatsächlich sind, in welchen Räumlichkeiten die verschiedenen Tücher ihre Stärken ausspielen, wie Messwerte und Bildeindrücke ausfallen, darüber informiere ich in diesem Test.
Ausstattung und Technik
Die Stewart StudioTek 100 gilt unter Experten als die Referenz-Leinwand weltweit. Zertifikate von THX und isf weisen aus, dass Filme darauf originalgetreu reproduziert werden. Bis zu 16K-Auflösung ohne Verlust verspricht der Hersteller. Der Gainfaktor wird mit 1.0 beziffert – und zwar in alle Richtungen ohne Einschränkungen. Das bedeutet, es wird exakt so viel Licht reflektiert, wie auf das Tuch auftrifft. Beste Voraussetzungen also auch für aktive 3D-Technologie, weil es die Polarisation von D-ILA-, LCD- und SXRD-Projektoren nicht aufrechterhält. Ein Wundertuch? Mitnichten. Hierbei handelt es sich um eine flexible matt-weiße Aufprojektions-Folie, die erst nach Bestellung individuell für den Kunden hergestellt wird.
Das zweite Tuch in diesem Test ist die Stewart Phantom HALR. Hierbei handelt es sich um eine so genannte High-Ambient-Light-Rejection-Technologie (HALR). Diese funktioniert ähnlich wie die Bande eines Billardtisches. Einfallswinkel gleich Ausfallswinkel, so prallt die Kugel von der Bande ab. Ganz ähnlich verhält es sich bei der Phantom HALR-Screen. Auftreffendes Licht wird im exakt selben Winkel reflektiert. Steht der Projektor hinten im Raum oberhalb der Leinwand, wird das Licht bestmöglich nach unten reflektiert. Beispielsweise von der linken Seite einfallendes Tageslicht wird nicht zum Zuschauer abgestrahlt, sondern zur rechten Raumseite.
Ermöglichen tut das die besondere Zusammensetzung der Leinwand. Die Phantom HALR besteht nämlich aus insgesamt drei Schichten: Auf einem flexiblen Screen-Body (Trägerunterlage) befinden sich eine Licht-Reflektor-Schicht mit hoch reflektivem Coating, und darauf eine Diffusions-Schicht aus dunklem durchscheinendem Material.
In der Summe gibt der Hersteller einen Gainfaktor 1,0 an sowie ein Half-Gain bei 30° (nicht Direktional). Zweites bedeutet bei 30° Abweichung vom optimalen Reflektionswinkel, 50 % Lichteinbußen.
Als Maximalmaße werden 12 x 27 Meter angegeben. Für Heimkinoanwender dürfte die Leinwandgröße also nicht limitiert sein, denn wer hat schon ein 27 Meter breites Heimkino.
Wer diese Leinwand schalldurchlässig erwerben möchte; kein Problem. Es gibt sogar zwei Versionen: „Microperf X³ THX Ultra“ und „Cinemaperf“. Fürs Heimkino ist die Leinwand mit Mikroperforierung vorzuziehen, weil deren „Löcher“ sehr viel kleiner sind und aus üblichen Betrachtungsabständen nicht mehr auffällig sein sollten.
Die Stewart Phantom HALR soll optimal bei Tag- und Nachtprojektion sein. Das schauen wir uns doch mal näher an.
Installation und Montage
Der deutsche Repräsentant von Stewart bittet mich, einen Kaffee zu kochen. In dieser Zeit wird er die Leinwand aufbauen. Das geht nämlich ganz leicht und schnell. Da ich mir den Aufbau nicht entgehen lassen möchte, bitte ich meine Assistentin höflich um zwei Kaffee. Zunächst wird die Leinwand in meinem Heimkino installiert. Dafür steht sie auf zwei stabilen Füßen, die zum Lieferumfang des Presse-Modells gehören. Nach der Kaffeepause verabschiedet sich der Repräsentant von mir, um einen weiteren Geschäftstermin im Norden wahrzunehmen, während ich mich an die Messungen der Leinwand mache.
Schauen wir uns den Aufbau mal genauer an:
Messungen und Diagramme
In nicht einmal 15 Minuten ist die Leinwand fertig montiert und installiert, so dass der Test beginnen kann. Zunächst ermittele ich die Leuchtdichte (Gain). Dafür kommt eine Speziallampe mit Normlicht zum Einsatz. Diese ermöglicht es aufgrund ihrer speziellen Beschaffenheit, dass exakt aus einem 0-Grad-Winkel gemessen werden kann, ohne dass es einen Schattenwurf auf das Messfeld gibt.
Folgende Werte habe ich ermittelt:
Stewart StudioTek / Stewart Phantom HALR
Gain: 1,0 / 0,95
Half-Gain: 180 ° / 30 °
RGB-Niveau-Abweichung: max. 0,1 % / max. 0,4 %
Für die Reproduktion von Farbraum, Weißpunkt und Farbtemperatur habe ich einen JVC DLA-X7900 präzise kalibriert – und zwar im Lichtweg, um die Einflussnahme der Leinwand vollständig rauszunehmen.
Wie die Leinwände das aufprojizierte Licht reproduzieren, habe ich mit einer reflektiven Messung auf den Leinwandtüchern kontrolliert.
Screenshots und Bildeindrücke
Als nächstes projiziere ich verschiedene Testbilder, Fotoaufnahmen und Filmmaterial. Die Splitscreen ermöglicht einen direkten A/B-Vergleich. Links befindet sich das Tuch der Stewart StudioTek 100 und rechts das Stewart Phantom HALR.
Zunächst prüfe ich in meinem Screening Room, wie sich die Tücher unter optimalen Raumbedingungen verhalten.
Die natürlichen Farben finde ich schlichtweg umwerfend. Beide Tücher zeigen die projizierten Bildwerke originalgetreu. Schattenbereiche sind hervorragend durchgezeichnet, helle Elemente überstrahlen nicht. Der minimale Unterschied im Gain ist in der Praxis zu sehen. Der Projektor hängt leicht oberhalb der Leinwand, der Referenzsitzplatz ist knapp unter der Bildmitte. Somit nicht ganz optimale Betrachtungswinkel für die Phantom HALR, die ihre beste Performance exakt im 30-Grad-Winkel erzielt. Doch dieser Testaufbau ist praxisnah. Somit erscheinen Bilder auf der Stewart StudioTek 100 ein wenig heller. Die Unterschiede auf den nachfolgenden Screenshots entsprechen den realen Bildeindrücken.
Im Heimkino ist die StudioTek100 das Maß aller Dinge. Selbst die vortreffliche Phantom HALR übertrifft sie noch ein wenig in der Wiedergabequalität. Insgesamt erscheinen Bildwerke auf der StudioTek 100 etwas ruhiger, in der Lichtverteilung vollkommen gleichmäßig auf der gesamten Leinwandbreite und frei von jeglichem Grießeln. So muss eine Projektion aussehen!
Die Phantom HALR kann unter diesen Raumbedingungen ihre dunklere Grundfläche mit den lichtverstärkenden Partikeln nicht ausspielen. Darüber hinaus finde ich das Bild im direkten A/B-Vergleich etwas unruhiger, weil ganz leichtes Glitzern den Bildeindruck ein wenig trübt. Vom Sitzplatz aus fiel mein kein störender Hotspot-Effekt auf, so dass die Ausleuchtung zum Rand hin angenehm gleichmäßig ist.
Ein ganz anderer Eindruck ergibt sich allerdings im Wohnzimmer. Sobald etwas Restlicht im Raum vorhanden ist, oder wenn sogar Tageslicht in den Raum strahlt, kann die Phantom HALR ihre ganze Stärke ausspielen und zeigen, wofür sie konzipiert worden ist.
In dieser Szene ist sehr gut zu sehen, wie gut die HALR-Technologie funktioniert. Seitlich einfallendes Tageslicht wird einfach zur Seite abgelenkt (Einfallswinkel gleich Ausfallswinkel). Es wird also nicht zum Zuschauer hin reflektiert. Einzig das projizierte Bildwerk wird von der Phantom HALR zum Zuschauer geworfen.
Anders die mattweiße StudioTek 100, die für diese Lichtverhältnisse nicht geschaffen wurde. Sie reflektiert alles an auftreffendem Licht in alle Richtungen. Also nicht nur das projizierte Bild, sondern auch das seitlich einfallende Tageslicht.
Unter diesen Lichtbedingungen kann die Phantom HALR eindrucksvoll zeigen, für wen sie entworfen worden ist.
Trotz weißer Wände, weißer Decke und heller Piniendielen hat das Streulicht im Raum kaum sichtbare Auswirkungen auf die Abbildungsqualität. Das Schwarz der StudioTek 100 erscheint bei ganz genauer Betrachtung einen Hauch heller. Durchzeichnung und Brillanz sind nun aber vorhanden. Überhaupt erscheint das Bild etwas heller, gleich so wie wir es aus dem dedizierten Kino kennen. Die Phantom HALR reproduziert das Bild minimal dunkler. Gleichwohl sind alle Feindetails im Schwarz zu sehen. Das leichte Grießeln, das die Phantom HALR aus technischen Gründen darstellt, ist zwar immer noch vorhanden, spielt aber bei Tageslichteinfall oder Restlicht im Raum keine große Rolle mehr. Hier überwiegen schlicht und ergreifend die Vorteile, welche die HALR-Technologie schafft.
Sollte allerdings pralle Mittagssonne ins Wohnzimmer fallen, ist die Phantom HALR Screen aber auch am Ende ihrer technischen Möglichkeiten. Das Projektionslicht wird von der Sonne einfach überstrahlt. Insofern ist eine leichte Abdunkelung Pflicht, wenn zu dieser Zeit Formel 1 oder Bundesliga Fußball geschaut wird.
Fazit
Die Stewart StudioTek 100 ist eine absolute Referenz-Leinwand, die im Heimkino und im abgedunkelten Wohnzimmer exakte Farben reproduziert. Die Messungen und Screenshots zeigen eindrucksvoll auf, warum die Leinwand von Experten für eine originalgetreue Bildwiedergabe weltweit anerkannt ist. Alles sieht exakt so aus, wie es der Projektor ausgibt. Die Stewart Phantom HALR steht der StudioTek 100 in der präzisen Farbreproduktion nicht nach. Allenfalls das aus technischen Gründen vorhandene leichte Grießeln/Glitzern ist zu bemängeln. Bei seitlichem Tageslichteinfall oder entsprechend auftretendem Restlicht im Raum kann die Phantom HALR ihre ganze Stärke voll ausspielen. Knackscharf, brillant und von höchster Plastizität werden Bildwerke reproduziert.
Wer nicht nur abends im verdunkelten Wohnzimmer spannende Spielfilme schaut, sondern seinen Projektor auch tagsüber mit offenen Rollos nutzen möchte, für den ist die Stewart Phantom HALR bestens geeignet. Wer hingegen ein dediziertes Heimkino besitzt, dem gelingt dort mit der Stewart StudioTek 100 die bestmögliche Bildreproduktion, die aktuell zu Hause zu erzielen ist.
Technische Daten
Modell: Stewart StudioTek 100 / Stewart Phantom HALR
Produktkategorie: Rahmenleinwand
Preise: 5000,00 (StudioTek 100) / 7700,00 Euro (Phantom HALR)
Abmessungen (Breite): 3,00 x 1,68 Meter (16:9)
Leuchtdichtefaktor 1,0 (StudioTek 100) / 0,95 (Phantom HALR)
Gewährleistung: 2 Jahre
Vertrieb: www.screenprofessional.de
Ausführungen: Rahmenlose Rahmenleinwand
Technik: mattweißes Tuch (StudioTek 100) / High Contrast-Screen (Phantom HALR)
Lieferumfang:
– Leinwandtuch mit Druckknöpfen
– Montagematerial
– Gebrauchsanleitung
– Wandhalter
– Beflockter Leinwandrahmen
Pro und Kontra
+ leichte Montage
+ Geruchsneutral bei Erstnutzung
+ Gleichmäßige Lichtverteilung auch auf seitlichen Sitzplätzen (StudioTek 100)
+ sehr gute Verarbeitung
+ Absolut Farbneutral
+ Nutzung bei kontrolliertem Restlich/Tageslicht (Phantom HALR)
+ kein Hotspot-Effekt (StudioTek 100)
– leichtes Glitzern/Grießeln (Phantom HALR)
Test, Text und Fotos: Michael B. Rehders